Haushaltsrede 2024

der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen Leingarten

Gudula Achterberg, Jürgen Brame, Thomas Fick & Brigitte Wolf

Rede zum Haushalt 2024 von Brigitte Wolf

(es gilt das gesprochene Wort)

Mit Zuversicht durch das Jahr 2024

Konflikte, Kriege, Corona, Flucht und Asyl, Wahlen, Klimakrise, Armut, Wohnungsnot, Streiks, Populismus und Nationalismus, Rechtsextremismus und nicht zuletzt die Angst vor Terror sind DIE politischen Themen unserer Zeit. Diese Themen, Sorgen und Nöte haben ihre Berechtigung, denn sie belasten viele Menschen in ihrem Alltag und bedrohen teilweise Existenzen.

Die Neujahrsansprache von Ministerpräsident Kretschmann mit dem Titel

„Gemeinsam mit Zuversicht in die Zukunft“

hat mich deshalb besonders angesprochen, denn Zuversicht ist das, was bei vielen Menschen abhandengekommen ist. Noch nie wurde so viel kritisiert wie aktuell, und oft vermisse ich das Wir-Gefühl. Ich frage mich, warum in der Bevölkerung Unzufriedenheit, Politikverdrossenheit und Unmut zunehmen und die Bereitschaft, sich aktiv in der Kommune einzubringen, nachlässt. Ministerpräsident Kretschmann betont in seiner Rede, dass Mut, Tatkraft und Gemeinsinn viele Menschen im Ländle auszeichnen und wie wichtig Toleranz und Respekt seien. Er berichtet z.B. von innovativen Gründer-Ideen und von Menschen, die gemeinsam angepackt und in einem Dorf ein eigenes Fernwärmenetz gebaut haben. Er berichtet auch über den Besuch bei der Jugendgruppe einer Feuerwehr und dass die Kinder und Jugendlichen dort bereits schon früh lernen, wie Demokratie im Alltag funktioniert. Das gilt natürlich auch für unsere Jugendfeuerwehr in Leingarten, nur um ein Beispiel zu nennen.

Doch nun zu den Themen, die uns hier im Gremium besonders bewegen:

Endlich kommt nach 15 Jahren der Kreisel an der Dieselstraße. Nach den Monaten der Einschränkungen durch die Baustelle und die Umleitung wird es an dieser Stelle endlich eine spürbare Entlastung für ALLE Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer geben. Schade, dass die Baumaßnahme für das zweite Gleis zwischen Leingarten und Schwaigern mit dem Schienenersatzverkehr teilweise in diese Bauzeit fällt, aber irgendwann muss es sein, damit es hinterher Erleichterungen gibt. Unbefriedigend ist aber für uns Grüne immer noch die Straßensituation für Personen mit dem Fahrrad, für Kindergarten- und Schulkinder, sowie für SeniorInnen und Senioren, denn es gibt nicht genügend sichere Wege im Alltag. Die Radwege abseits sind o.k., aber sichere Rad- und Fußwege zu den Einkaufsmöglichkeiten, zu den Schulen, Kindergärten usw. gibt es nicht genügend und oft sind die Wege nicht barrierefrei und mit Rollator oder Rollstuhl gibt es viele Hindernisse zu überwinden.

Die Planung der Windräder auf dem Heuchelberg hat teils hohe Wellen geschlagen. Die Befürworter sehen sie als große Chance zur Lösung der Energiekrise, andere Menschen sehen darin eher eine gesundheitliche Bedrohung oder die Zerstörung unseres Waldes und unserer Umwelt. Unbestritten ist aber die Tatsache, dass wir dringend Energie benötigen! Und wenn wir die selbst machen können, dann ist das doch die beste Möglichkeit, unseren Beitrag zum Klimawandel und zur Energiesicherheit beizusteuern, denn in Punkto Klimawandel ist es nicht 5 vor 12 – es ist längst 5 nach 12! Erstmals hat die Erderwärmung über einen Zeitraum von 12 Monaten über 1,5 ° Celsius im Vergleich zur vorindustriellen Zeit gelegen. Deshalb haben wir die Verantwortung und die Pflicht, die Möglichkeiten vor Ort zu nutzen. Die eigene Verantwortung bedeutet aber auch, sparsam mit den vorhandenen Ressourcen umzugehen, Energie und Wasser zu sparen, weniger Müll zu produzieren, Autofahrten zu vermeiden, regionale Produkte einzukaufen, usw. Das alles ist immer noch der günstigste Klimaschutz und keine Verbotshysterie der Grünen.

Immer noch sind die Nachwirkungen der Corona-Pandemie spürbar, der seit genau 2 Jahren tobende Krieg in der Ukraine und der sich weiter zuspitzende Nahostkonflikt bereiten uns Sorgen. Die Unterbringung von geflüchteten Menschen bedeutet immer mehr finanziellen und personellen Aufwand und ist ein Kraftakt, weil schlicht die Wohnungen fehlen oder sehr knapp sind. Wir müssen mit den Hitzesommern, den Extremwetterereignissen, der Trockenheit im Wald und auf den Feldern umgehen, genauso wie mit den Starkregenereignissen und Stürmen. Die Rathäuser beklagen immer mehr Verwaltungsvorschriften und arbeiten oft am Limit!

Die eingangs beschriebene Lage in Deutschland wirkt sich natürlich auch auf unsere Kommunalpolitik aus. Sie treibt uns alle um, an manchen Stellen macht sie uns auch ratlos. Die Hoffnung vieler Bürgerinnen und Bürger auf einfache Lösungen lässt die Umfragewerte der AfD steigen. Doch die AfD hat keine Lösungen parat – nur Parolen!!

Viele Menschen würden heute nicht in Leingarten wohnen, wenn ihre Eltern nach dem Krieg hier kein Asyl erhalten hätten. Damals nannte man sie „Flüchtlinge“ – heute nennen wir sie „Asylbewerber“, und es ist unsere Pflicht für eine möglichst gute Unterbringung der Menschen zu sorgen, die hier Asyl suchen. Die Bemühungen um Integration dürfen allerdings nicht vernachlässigt werden, und dabei sind wir weiter auch auf ehrenamtliche Unterstützung angewiesen.

Deshalb gilt: Wir müssen zusammenhalten, tolerant sein und sehen, was gut läuft in Leingarten! Wir müssen dankbar sein für das Leben in einer funktionierenden Demokratie! Wir müssen unsere Kommune beim Weg in die Klima-, Verkehrs- und Energiewende unterstützen um so die Zukunft der nachfolgenden Generationen zu gestalten! Wir müssen auf die Hitzesommer und Extremwetterereignisse reagieren und dürfen uns nicht davor verschließen, mehr Flächen zu entsiegeln, mehr Bäume zu pflanzen, Pflanzbeete mit Mulch vor Austrocknung zu schützen und Regenwasser zurückzuhalten. Nur so sind wir für die Zukunft gewappnet.

Zu einer Haushaltsrede gehört Dank!  Zuallererst geht er an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung. Wir bedanken uns auch sehr herzlich bei den Beschäftigten in all unseren Ämtern, Einrichtungen und Schulen. Ebenso herzlich bedanken wir uns bei allen Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren.

Heute, in der Haushaltssitzung, geht unser besonderer Dank an unseren Kämmerer Herrn Schnepf, Frau Klimesch und das gesamte Team. Die Aufstellung des Haushalts ist jedes Jahr eine Herausforderung und angesichts der diversen zusätzlichen Aufgaben auch keine einfache Arbeit. Beim Gespräch in der Kämmerei zur Klärung unserer Fragen zum Haushalt wurde deutlich, welch großen Aufwand alleine die Gewährleistung unserer Gaslieferungen erforderte. Auch wurde klar, dass die Kämmerei personell am Limit fährt, weil im Lauf der Jahre immer mehr zusätzliche Aufgaben hinzugekommen sind.

Trotz großer finanzieller Herausforderungen zeigt der Haushalt für 2024 solide Zahlen. Wir haben keine überflüssigen Ausgaben zu bemängeln und es ist spürbar, dass die Zahlen gut überlegt und auf Kante genäht sind. Noch ist die Kreisumlage nicht gestiegen, aber bereits für die Jahre 2025 und 2026 wurden Erhöhungen angekündigt, die finanziell spürbar sein werden. Die allgemeinen Preissteigerungen, die Baupreise, die Tariferhöhungen, die Inflation, die neue Zinssituation – alles belastet den Haushalt 2024, und es wird in den künftigen Jahren nicht einfacher werden gut und vorausschauend zu kalkulieren. Wir haben nicht schlecht gewirtschaftet, aber die Rahmenbedingungen für die Kommunen sind einfach immer schlechter geworden, und wir haben große Summen für verschiedene Bauprojekte und Unterhaltungsmaßnahmen ausgegeben, also langfristig gehandelt. Mit ähnlichen Problemen wie die Kommunen haben leider auch viele Unternehmen und Geschäfte zu kämpfen, und wir hoffen, dass die Steuereinnahmen konstant bleiben und die Betriebe gut über die Runden kommen werden.

Ein großes finanzielles Loch ist durch den Neubau des Feuerwehrhauses entstanden. Doch dafür haben wir ein funktionales und ausreichend großes Gebäude für die nächsten Jahrzehnte. Das bedeutet Wertschöpfung und gleichzeitig auch eine große Wertschätzung für unsere freiwillige Feuerwehr. Denn nachhaltig wirtschaften heißt auch, Vorhandenes zu erhalten, zu pflegen und bei Bedarf zu erneuern.

Mit Skepsis beobachten wir Grüne viele Stolperstellen am Übergang von neuen zu alten Belägen, die durch die Verlegung der Glasfaserkabel an Gehwegen und Straßen entstanden sind. Hoffentlich entstehen dadurch nicht irgendwann hohe Folgekosten für die Behebung von Schäden und hoffentlich werden die laufenden Arbeiten zeitnah ausgeführt.

Den Neubau der Kindereinrichtung in zentraler Lage auf dem alten Feuerwehrgelände begrüßen wir sehr. Wir brauchen den Platz dringend, damit wir uns aus der Interimslösung auf dem Festplatz bald zurückziehen können. Diese Zwischenlösung ist sehr gut – aber sie ist vor allem auch sehr teuer!
Die im vergangenen Jahr abgeschlossene Erweiterung des Kindergartens Hafnerstraße entspannt die Situation in der Kinderbetreuung ebenfalls deutlich.

Den Wohnraum im Gebäude in der Heilbronner Straße 171 benötigen wir dringend. Wir sehen trotz der hohen Kosten, dass sich der Umbau langfristig lohnen wird.

Mit einem blauen Auge sind wir bei der Sanierung des Eichbottsees herausgekommen, weil wir den Schlamm nicht teuer deponieren mussten. Aber auch der zweite Eichbottsee und der Teich am Kulturgebäude sowie der Eichbottgraben stehen zur Sanierung an und damit hohe Kosten.

Es wird sich herausstellen, ob wir in den nächsten Jahren vielleicht etwas „kleinere Brötchen backen müssen“, doch manche teuren Aufgaben dürfen nicht auf die lange Bank geschoben werden, wie zum Beispiel der Mensabau an der Eichbottschule. Die kommunale Wärmeplanung muss entwickelt werden, auf die Folgen des Klimawandels muss reagiert werden, die Stadtentwicklung muss sich besser an den Bedürfnissen der demographischen Entwicklung orientieren, es sollten mehr Angebote für Jugendliche geschaffen werden, wie zum Beispiel die Skateranlage. Die Grünflächen sollten vielfältiger werden, damit die Artenvielfalt nicht weiter verloren geht. Wir würden uns freuen, wenn auch die Bevölkerung sich beim Entsiegeln von Flächen und der Schaffung neuer Lebensräume noch mehr einbringen würde.

Trotz der Fülle an zukünftigen Aufgaben hoffen wir, dass der Spagat zwischen der Finanzierbarkeit und dem Aufschub von Maßnahmen gewährleistet sein wird. Allerdings müssen bei allen relevanten Entscheidungen die Auswirkungen auf die CO2-Bilanz beachtet werden und nachhaltiges Handeln muss eine Selbstverständlichkeit werden. Das Ziel der Klimaneutralität muss einfach einen höheren Stellenwert erhalten und in alle Entscheidungen des Gemeinderats mit einfließen. Nur so können wir mit Zuversicht in die Zukunft gehen!

Die heutige Sitzung ist eine der historischen Sitzungen, weil sie die letzte vor den Kommunalwahlen im Juni ist. Kommunalwahlen bedeuten immer eine Veränderung und es ist aufregend und spannend zugleich, wer danach alles in dieser Runde sitzen wird.

Wie immer bedanke ich mich sehr für die gute Zusammenarbeit bei der Verwaltung. Besonders danken möchte ich heute Ute Haiges, die mit viel Geduld immer für die Fragen aus dem Gemeinderat da ist. Auch bei euch, liebe Kolleginnen und Kollegen, bedanke ich mich sehr für die überwiegend gute Zusammenarbeit und wünsche uns weiterhin ein gutes Streiten in der Sache und anschließend ein gutes persönliches Miteinander.