Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Gudula Achterberg, Jürgen Brame, Brigitte Wolf
Rede zum Haushalt 2025 von Brigitte Wolf
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Steinbrenner, sehr geehrte Damen und Herren der Kämmerei und der Verwaltung, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
heute verabschieden wir den Leingartener Haushalt für das Jahr 2025. Wie jedes Jahr geht es dabei nicht nur um Zahlen, sondern auch um die Frage, wie wir im Alltag die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt unterstützen können und wie wir in Zeiten knapper Kassen unsere Stadt für die Zukunft widerstandsfähig machen können. Dabei geht es uns Grünen darum, dass wir unsere Stadt auch in Zeiten klammer Kassen nachhaltiger, klimafreundlicher, sozialer und gerechter gestalten.
Dass die „fetten Jahre“ vorerst vorbei sind, wurde uns bei der Einbringung des Haushaltsplans durch Herrn BM Steinbrenner und bei dem Fraktionsgespräch mit unserem Kämmerer Herrn Schnepf dargestellt. Ein Blick in den Haushaltsplan ist aussagekräftig, deshalb werde ich die Zahlen nicht wiederholen – wir wissen alle, wie die Kassenlage aussieht!
Die Erhöhung der Kreisumlage um einen Prozentpunkt, niedrigere Zuweisungen des Landes, die Zunahme kommunaler Aufgaben und eine oft unzureichende Ausstattung mit finanziellen Mitteln schränken uns in unseren Gestaltungsmöglichkeiten für das kommende Jahr ein. Doch mit den investierten Mitteln haben wir in den letzten Jahren Sinnvolles geschaffen – vom neuen Feuerwehrhaus, über den neuen Kindergarten bis zum 2. Stadtbahngleis und die Renovierung des Eichbottsees. Trotzdem konnte das eine oder andere Projekt (noch) nicht umgesetzt werden und die Eichbottschule und die Sportvereine warten auf Verbesserungen.
Die wirtschaftliche Lage ist allgemein angespannt bzw. stagniert, und so hoffen wir, dass der vorsichtige Ansatz der Gewerbesteuer am Ende des Jahres erreicht werden kann.
Resiliente Kommune
Bei unserer Klausurtagung letzte Woche beschäftigten wir uns intensiv mit den Herausforderungen, wie wir unsere Stadt resilient in die Zukunft führen können. Nach dem Vortrag von Herrn Wein von make it bestand Übereinstimmung, dass Klimaschutz bzw. das Erreichen der Klimaziele eigentlich oberste Priorität haben sollten. Aber Klimaschutz kostet viel Geld – und daran scheitert oft die Umsetzung von Maßnahmen – doch dem Klimawandel ist unsere Haushaltslage völlig egal! Aber auch wir in Leingarten bleiben von den Auswirkungen der Erderwärmung nicht verschont: viel zu warme Winter, viel zu trockene Sommer, Hitzewellen, Trockenheit bereits im Frühjahr, Starkregen, Überschwemmungen, sinkender Grundwasserspiegel, Stürme usw. gehören zum Alltag auch in Leingarten.
Es muss uns bewusst sein, dass die menschengemachte Erderwärmung dazu führt, dass die Stärke und Wahrscheinlichkeit derartiger Ereignisse deutlich zunehmen werden. Der Klimawandel begünstigt z.B. auch die Überwinterung und Vermehrung der aggressiven Asiatischen Tigermücke bei uns, auch siedeln sich immer wieder neue Schädlinge an, die bisher hier nicht überleben konnten.
Immer noch gibt es Menschen, die den Klimawandel nicht sehen wollen und meinen, dass es solche Wetterphänomene schon immer gegeben hat. Die schmelzenden Gletscher, riesigen Waldbrände, Erdrutsche im Gebirge oder der Verlust der Biodiversität sprechen eine andere Sprache.
Diese Menschen sind auch der Meinung, dass die anderen Länder viel mehr CO2 produzieren als wir Deutschen – aber: Deutschland belegt weltweit den 7. Platz in der Hitliste der 10 größten Klimasünder weltweit mit einem Anteil weltweiter CO2-Emmissionen von 1,82%!
Durch die geplanten Zukunftsinvestitionen aus dem Bundes-Sondervermögen i. H. v. 100 Milliarden Euro für den Klimaschutz können nun Projekte vorangetrieben werden wie der klimaneutrale Umbau der Industrie, die Wärmewende oder eine umfassende Heizungsförderung. Klimaschutz bedeutet mehr Gerechtigkeit für die nächsten Generationen, denn wir dürfen unseren Nachfahren nicht eine Klimakatastrophe nach der anderen hinterlassen, genau so wenig wie Rückstände beim Ausbau von Schulen, Universitäten oder Infrastruktur.
Durch einen Gemeinderatsbeschluss – Sie wissen es alle – hat sich Leingarten dazu entschlossen bis 2035 klimaneutral zu sein. Auch wenn wir auf einem guten Weg sind, die Zeit wird knapp, und wir müssen uns weiter auf den Weg machen. In 10 Jahren werden die Ergebnisse einem ganz anderen Gemeinderat präsentiert werden – verantwortlich für diese Ergebnisse sind aber wir alle hier in der Runde schon heute. Deshalb sollte ein Umdenken stattfinden, dass Umwelt- und Klimaschutzgedanken bei jeder Entscheidung an erster Stelle stehen und nicht nur dann umgesetzt werden, wenn es Zuschüsse gibt oder politische Vorgaben erfüllt werden müssen. Die Ankäufe von Ökopunkten sind das beste Beispiel dafür, dass es eher ums Geld geht als um die Überzeugung.
Bundestagswahl
„Nie wieder ist jetzt!“ Das sollte sich bei allen Menschen eingeprägt haben. Deshalb war der Schock über das Bundestags-Wahlergebnis der AfD in Leingarten mit 20,33% groß. Was hat so viele Menschen dazu bewogen, rechts zu wählen? Ist es Unzufriedenheit? Ist es Protest? Ist es eine persönliche Notlage?
Für mich ist es nicht nachvollziehbar, eine in Teilen rechtsextreme Partei zu wählen, die unserem Demokratieverständis schadet. Ihr habt es so schön in Leingarten – das höre ich oft. Und es stimmt. Wir haben tolle Kindereinrichtungen, ausreichend Schulen, Ärzte und Ärztinnen mit verschiedenen Fachrichtungen haben sich hier niedergelassen, gute Einkaufsmöglichkeiten, ein neues Feuerwehrhaus, vier S-Bahn-Haltestellen, viele Arbeitsplätze, eine gut ausgestattete Bücherei, ein Freibad und ein Hallenbad, eine Vielzahl an Sportstätten und viele schöne Naherholungsmöglichkeiten. An Leingarten kann es also nicht liegen.
Energie
Mit Spannung erwarten wir die Ergebnisse der Windmessung auf dem Heuchelberg, die demnächst vorliegen werden. Diese Ergebnisse sind die Grundlage für die weitere Planung des angedachten Windparks. Wir hoffen, dass die Bevölkerung den weiteren Prozess positiv begleitet und dass die Fachleute eventuell vorhandene Bedenken durch gute Argumente ausräumen können. Der BUND beschreibt auf seiner Homepage, dass sich um Windenergie zahlreiche Mythen und Fehlinformationen ranken. Dabei sei die Windkraft flächeneffizient, kostengünstig und umweltfreundlich. In einem Faktencheck werden die zehn häufigsten Mythen widerlegt – ein Blick auf die Homepage des BUND lohnt sich.
Um das Ziel Klimaneutralität bis 2035 erreichen zu können, sind außer den Windkraftanlagen noch mehr Photovoltaikanlagen auf Leingartener Dächern, Parkplätzen und Freiflächen erforderlich. Jede Kilowattstunde erneuerbare Energie ist ein wichtiger Beitrag zur Energiewende. Wir schlagen vor, dass die Verwaltung das Gespräch mit den Leingartener Landwirten sucht, ob die Bereitschaft zum Ausbau von Agri-Photovoltaikanlagen besteht. Dadurch könnten zusätzliche Einnahmequellen für die Landwirte geschaffen werden bei gleichzeitigem Hitze- und Frost- und Hagelschutz für die Böden.
Mensa
Zum Glück können wir ins Kulturgebäude ausweichen, bis wir eine neue Mensa bauen können. Aber es ist und bleibt eine Interimslösung, die mit Mehraufwand verbunden ist. Wenn die Planung für die Mensa auf den Tisch kommt, dann werden wir Grünen wieder die Frage ansprechen, die uns schon lange beschäftigt, nämlich wie wir weg kommen können von der Tiefkühlkost bei der Verpflegung unserer KiTa- und Schulkinder.
Aus der Bevölkerung wird auch immer wieder der Wunsch an uns herangetragen, dass die Mühle öfter ein Mittagessen für Seniorinnen und Senioren organisieren sollte. Diese Termine haben ja auch eine ganz wichtige soziale Funktion, weil immer mehr ältere Menschen alleine und einsam sind. Ist es utopisch, an eine gemeinsame Lösung mit der Schulmensa zu denken? Eine Überlegung wäre es unseres Erachtens wert.
Schule
Die Eichbottschule platzt aus allen Nähten und es besteht dringender Handlungsbedarf neue Klassenräume zu schaffen. Dahinter steht der gesamte Gemeinderat, und die Beliebtheit der Eichbottschule sollte durch die baldmögliche Erweiterung um weitere Klassenräume unterstützt werden.
Unterbringung geflüchteter Menschen
Dass die Kosten für die Renovierung des Hauses in der Heilbronner Straße 171 so hoch werden, hatte im Vorfeld niemand erwartet. Aber wir brauchen dringend neuen Wohnraum für Menschen, für deren Unterbringung wir zuständig sind. Die aktuelle weltweite politische Entwicklung lässt leider keine Entspannung erwarten.
Schluss
Herr Schnepf hat uns einen Haushalt präsentiert, mit dem wir überwiegend einverstanden sind. Bei der Umsetzung einzelner Maßnahmen werden wir zu gegebener Zeit im Gemeinderat darüber diskutieren und unsere Argumente vorbringen. Aber klar muss uns sein, dass das Wachstum Leingartens der letzten Jahre und in der Zukunft immer auch hohe Investitionen nach sich zieht.
Wie immer bedanke ich mich sehr für die gute Zusammenarbeit bei der
Verwaltung. Auch geht unser Dank an alle Ämter und ehrenamtlich engagierte Menschen. Nicht zuletzt bedanke ich mich bei euch, liebe Kolleginnen und Kollegen, für die überwiegend gute Zusammenarbeit und wünsche uns weiterhin ein gutes Streiten in der Sache und anschließend ein gutes persönliches Miteinander.